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Beitrag: Blog2_Post
  • AutorenbildJonas

9 Erkenntnisse aus 9 Tagen Training Vera Pizza in Neapel

Im November 2023 habe ich das Training "Vera Pizza" der AVPN (Associazione Verace Pizza Napoletana) in Neapel besucht. Hier erfährst du was die Haupterkenntnisse aus 9 intensiven Tagen Basistraining sind und ob sich ein Besuch lohnt. 1. Hydration


Eine Neapolitanische Pizza hat entgegen der landläufigen Instagram/TikTok/Youtube und auch pizzaschaufel.ch Meinung (Asche über unser Haupt) keine wahnsinnig hohe Hydration und sowieso existiert in der Neapolitanischen Pizzawelt nicht so etwas wie eine "Hydration". Bei Neapolitansicher Pizza geht man vom Wasser als Grundstoff aus und entsprechend müsste man eher von einer Bemehlung des Wassers als von einer Hydration des Mehles sprechen.


Da die Angabe der Hydration aber unserer Ansicht nach einiges einfacher (und üblicher) ist als eine Bemehlungsprozentsatz des Wassers, hier die gemäss den AVPN-Regularien akzeptierten Hydrationswerte; 55.56% bis maximal 62.5% Hydration sind zugelassen sprich zwischen 1.6 bis maximal 1.8 Liter Mehl auf einen Liter kaltes Wasser.


AVPN Vera Pizza Training.
Ich an der praktischen Prüfung der AVPN.

2. Neapolitanische Pizza ist nicht knusprig, richtig?


Falsch, auch die Neapolitanische Vera Pizza weist eine gewisse Knusprigkeit im Randbereich auf. Solltest du bisher nur gummige Neaplitanische Pizzen gegessen haben, dann wurde vermutlich entweder; zu viel Wasser (oder nach AVPN-Logik zu wenig Mehl) verwendet, falsch geknetet oder zu viel Salz verwendet (verstärkt das Glutennetz und kann bei hartem und stark Mineralisiertem Wasser zu gummigem Teig führen). Oder einer der nächsten zwei Punkte wurde nicht beachtet.


3. Je heisser der Ofen desto besser


Nein, Neapolitanische Pizza wird bei maximal 450° Grad gebacken wobei aber ein Thermometer eigentlich nicht zum Einsatz kommen sollte - die Pizza und die visuelle Kontrolle der Flamme gilt gemäss AVPN als Thermometer. Verwenden darf man ein Thermometer aber trotzdem.


Du möchtest Foodwaste lieber verhindern?



4. Je länger der Teig aufgeht desto mehr Charakter hat die Pizza Dies mag stimmen jedoch darf eine Neapolitanische Pizza nicht länger als 24 Stunden aufgehen. Die Verwendung eines Kühlschrankes (im Gegensatz zu Gärschränken welche erlaubt sind) ist ebenfalls verboten - entsprechend ergibt auch die Zeitlimite grossen Sinn, denn wer möchte schon eine komplette Sauerteigkultur backen.



5. Ein grosser Rand zeichnet eine Neapolitanische Pizza aus


Jein, ganz sicher nicht in dem Level wie es gewisse Schweizer Pizzerien und/oder Social Media zu verkaufen versuchen. Der Rand wird natürlich nicht aktiv plattgedrückt aber, da eben nicht mit einer Wahnsinnig hohen Hydration gearbeitet wird und maximal 3g Hefe auf einen Liter Wasser bei 8h Gehzeit verwendet werden darf, können gar nicht so krasse Randmonster entstehen wie sie Teils in unserem Land herumgeistern.


Perfekte Napolitanische Pizza.
Eine schöne Margherita wie von unserem Instruktor gebacken.



6. Leoparding ist ein Qualitätszeichen


Nein, Leoparding ist wie vieles der obgenannten Punkte eher ein Zeichen der Pizza Contemporanea. Natürlich ist es wünschenswert, wenn braune Punkte auf dem Rand entstehen jedoch nicht im Ausmass wie es uns Social Media weis machen will. Unser Instruktor, welcher auch eine eigene Pizzeria im Umland von Neapel besitzt, gab sogar zu extra Pizzen für Instagram zu backen welche zwar eher weniger gut sind aber dafür "besser" aussehen.


Fehlerhaftes Leoparding, Kalter Teig.
Ein fehlerhaftes Leoparding (Teig aus dem Kühlschrank).

7. Man braucht eine Knetmaschine


Kommt auf die Menge an - bis 1 Liter Wasser / 1.8KG Mehl (ergibt 12 Pizzen) empfiehlt die AVPN den Teig von Hand zu kneten - und um ehrlich zu sein, ganz so anstrengend ist das eigentlich nicht. Um den Teig beim Kneten nicht unnötig zu erwärmen wird auf stretch and fold im Knetprozess komplett verzichtet und man lässt viel eher die Zeit als die Muskelkraft für sich arbeiten. Schau dir unser nach den neusten Erkenntnissen in Neapel angepasstes Teigrezept für eine Neapolitanische Pizza an.



8. Um die Pizza zu Formen braucht man Semola di Grano Duro Rimacinata Jein, offiziell verwendet man für eine Neapolitanische Pizza kein Semola sondern arbeitet ganz einfach mit Pizzamehl. Was aber toleriert wird sind hälftige Mischungen aus Semola und Pizzamehl. Da sich Semola leichter wieder von der Pizza löst werde ich in Zukunft sicher auf eine Mischung aus Semola und Pizzamehl setzen - die reine Verwendung von Mehl ist wirklich nur sehr erfahrenen Personen (um nicht zu sagen ausschliesslich Profis) zu empfehlen.




9. AVPN zertifizierte Produkte sind automatisch die besten Produkte


Jein, wie sich schon beim Ooni Karu 16 in der Gasversion zeigte, sind AVPN zertifizierte Produkte nicht automatisch gut (eine Meinung die vor Ort hinter vorgehaltener Hand sogar bestätigt wurde). Wir verwendeten im Unterricht ausserdem sehr günstige (zwar AVPN zertifizierte) Dosentomaten aber diese enthielten Zitronensäure was auf eine chemische Häutung der Tomaten hindeutet. Wem Qualität und Geschmack wirklich wichtig ist, der kauft San Marzano Tomaten. Unser Instruktor hat uns ausserdem davon abgeraten ausserhalb Italiens Italienische Milchprodukte für seine Pizza zu verwenden - Frische und Qualität seien viel wichtiger als die Herkunft. Dies ist selbstverständlich nicht die offizielle AVPN Meinung, da mit Zertifizierungen von Lieferanten viel Geld verdient wird. Leider bestand auch ein Grossteil des Theorieunterrichtes aus Marketinggeschwafel von zertifizierten Lieferanten und der AVPN selbst, welche natürlich möglichst viele neue Mitglieder gewinnen möchte.


Fazit Der Besuch des Vera Pizza Trainings lohnt sich auf jeden Fall. Während der Theorieunterricht klar hinten abfällt und eher eine Marketingveranstaltung ist (ein paar Youtube Videos über die Tomaten/Käse/Wein?/Öl Produktion hätten gereicht und hätten wohl mehr Informationsgehalt gehabt) ist der Praxisunterricht unschlagbar (hängt wohl auch vom Instruktor ab) und man profitiert auf ganzer Linie. Mit einer Betreuung von 2 (Pizzaiolo und Übersetzerin welche ebenfalls eine gute Pizzaiola ist) auf 6 Personen wird sichergestellt, dass wirklich alle ein hilfreiches Feedback erhalten. Was einem Verbrechen gegen die Italienischen Geschmacksnerven entsprach war leider das von der Schule zur Verfügung gestellte Mittagessen - es ging nicht lange und alle assen nur noch ihre eigenen Pizzen, was aber an den ersten paar Tagen leider noch nicht möglich war.

Schreckliches Mittagessen.
Schade.


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